Zugegeben, ich habe eine genaue Vorstellung, was ein Reitlehrer an Qualifikationen mitbringen sollte. Das beinhaltet übrigens nicht, dass er oder sie selber sehr gut reiten kann. Ich finde, dass das Reiten und das Unterrichten zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Nur weil jemand gut reiten kann heißt es nicht, dass er das Wissen auch vermitteln kann. Es wäre natürlich super, wenn er mir das Gefühl vermitteln kann, wie es sich anfühlen muss, eine Lektion richtig auszuführen. Und das ist für Springreiter genauso wichtig wie für Dressurreiter.
Was macht einen guten Reitlehrer aus?
Ein Reitlehrer sollte meiner Meinung nach an deiner Seite stehen und dich ermutigen immer ein Stück besser zu werden. Er sollte dir bei Tiefschlägen gut zureden und dich motivieren weiter zu machen und dich bestärken, dass du es schaffen kannst. Egal wie lange es dauert.
Da gibt es nur ein Problem:
Leider sehe ich immer wieder Reitlehrer, die schnelles Geld machen wollen und ihre Reitschüler "abarbeiten". Sprich, sie unterrichten nicht mit Leidenschaft und machen es nur der Kohle wegen. Sagen wir mal, du reitest eine Unterrichtseinheit mit zwei oder drei weiteren Personen zusammen und zahlst dafür richtig viel Geld, dann erwartest du doch, dass der Reitlehrer sich wenigstens deinen Namen merken kann und auch ein wenig auf das Pferd eingehen kann, oder nicht?
Stattdessen wird dann das Standardprogramm abgezogen, egal ob die Übung für das Pferd überhaupt Sinn macht. Die Frage, die sich mir dann stellt ist:
Was ist dann der Mehrwert für dich als Reiter und vor allem auch für dein Pferd?
Raketchen hat mir die Suche nach einem passenden Reitlehrer wirklich schwer gemacht. In der Dressurarbeit habe ich einen Reitlehrer gesucht, der eine unendliche Geduld mit uns hat. Bei uns war jeder Tag ein Abenteuer, man wusste nie, was einen erwartet. Welcher Reitlehrer hat darauf Lust? Und wer hat die Geduld, wochen- oder monatelang mit uns daran zu arbeiten, dass das Pferd Schritt geht? Oder nicht wie ein Trecker trabt? Oder nicht gegen die Bande tritt, wenn man das Bein bewegt (bewegt, nicht versucht zu treiben!). Ich schätze, dass viele Reitlehrer mir auch einfach nicht hätten helfen können.
An Springunterricht brauchte ich auch keinen Gedanken zu verschwenden. Ich mache mich doch lächerlich mit einem Pferd, was nur zappelig auf der Stelle hüpft, um sich schlägt, blockiert oder kaum zu bremsen ist. Wir schafften es ja nicht mal ohne Probleme ein Cavaletti zu überwinden.
Ich war damals sicher, dass wir zu schlecht waren, um an Reitunterricht teilzunehmen. Aber kann man das so einfach sagen? Kann man überhaupt zu schlecht sein für Unterricht?
Ich wusste nicht, wen ich fragen konnte, der Lust hat, sich mit uns auseinanderzusetzen. Monatelang (vielleicht waren es auch Jahre) blieben wir ausbildungstechnisch auf der Stelle stehen. Mir wurde oft gesagt, dass ich es einfach sein lassen soll.
"Das Pferd hat doch gute Papiere, züchte doch einfach mit ihr.",
"was ihr da macht, ist echt gefährlich. Lass es doch einfach bleiben. Das wird eh nie was",
"was willst du mit so einem Pferd?".
Das sind genau die Dinge, die man als Reitschüler NICHT und NIEMALS von seinem Reitlehrer hören sollte.
In solchen Situationen fühlt man sich zu schlecht für Unterricht. Sollte das so sein? Nein. Natürlich nicht. Die Ausbildung eines Pferdes ist ein Langzeitprojekt und sehr viel Arbeit. Natürlich gibt es Pferde, die es einem einfacher machen. Aber Raketchen hat mir bewusst gemacht, dass die Ungeduld bei den Reitern und Reitlehrern heutzutage einfach unfassbar groß ist. Das finde ich sehr schade.
Aber was kannst du tun, wenn du grad keinen passenden Reitlehrer finden kannst?
Du kannst immer mit einem Ohr zuhören, wenn jemand anderes Unterricht bekommt. Lass dich beim Reiten filmen und analysiere dich selbst. Vielleich auch mit einer Freundin zusammen. Du kannst Bücher lesen, Videos ansehen, an Seminaren teilnehmen und ganz wichtig: Auf dein Bauchgefühl hören. Alles als Chance sehen besser zu werden oder einen anderen Ansatz zu bekommen.
Irgendwann habe ich durch Zufall einen Reitlehrer gefunden, der mich verstehen konnte. Der mir Selbstbewusstsein gegeben hat und das Potential von Raketchen erkannt hat. Der Leidenschaft vermittelt und mir immer wieder gesagt hat, dass ich es schaffen kann. Und dann wurde mir klar:
Ich bin nicht zu schlecht für Unterricht - ich hatte nur noch nicht die richtige Unterstützung gefunden - vor allem aber auch mental.
Ist es denn überhaupt möglich, den passenden Reitlehrer zu finden?
Ganz klares Ja! Ja, es ist schwer einen passenden Reitlehrer zu finden. Manchmal muss man ihn auch mal wechseln, um neuen Input zu bekommen. Der Reitlehrer muss auf dich und auf den Charakter des Pferdes eingehen können. Such dir einen Trainer, der dich aufbaut und euch langfristig bestärkt besser zu werden – als Team. Es bringt dir nichts, wenn dir der Trainer immer nur sagt, welche Fehler du machst. Wichtig ist, was du aus den Fehlern lernen kannst und genau da sollte er dich unterstützen.
Mein Fazit für dich
Du bist nicht zu schlecht für Unterricht. Dein Reitlehrer muss dich nur an dem Punkt abholen können, an dem ihr gerade seid und euch auf dem Weg begleiten, den ihr gemeinsam gehen könnt.
Ich wünsche dir, dass du ihn findest!
Gefällt mir, was du schreibst. Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht.
Lg