24. März 2021

Positives Mindset im Reitsport - TEIL I: Gelassen bleiben

Positives Mindset im Reitsport kann man sehr weit fächern und es gibt viele Aspekte, an denen Reiterinnen und Reiter arbeiten können. Zum Einen, um ein besserer Reiter zu werden. Zum Anderen aber, um fairer zum Pferd zu werden. Denn ich sehe viele Reiterkollegen, die es gut meinen, aber trotzdem nicht fair dem Pferd gegenüber sind.

Was meine ich mit positivem Mindset?

Die Welt ist nicht schwarz oder weiß. Es gibt viele Wege, die ans Ziel führen und nicht jeder Weg ist für jedes Pferd richtig oder dementsprechend falsch. Die Schwierigkeit liegt darin, den richtigen Weg für das individuelle Pferd zu wählen, ihn stetig anzupassen, flexibel zu sein, seine Ansprüche hinten anzustellen und fair dem Pferd gegenüber zu sein. Sprich: positiv und gelassen an die Sache herangehen. Und genau da möchte ich ansetzen.

Du hast dir ein Pferd gekauft, weil du einen Plan hast, oder? Du möchtest bestimmte Ziele erreichen und einen bestimmten Weg gehen. Im Idealfall hast du dir auch überlegt in welchem Zeitraum du dieses Ziel erreichen möchtest. Generell ist das total super und es ist wichtig Ziele im Leben zu haben. Es ist ein Wahnsinnsgefühl, wenn man ein weit entferntes Ziel erreicht hat, oder? ABER:

Was machst du, wenn dein Pferd andere Pläne hat?

Na klar, es frustriert dich, wenn es nicht so klappt, wie du dir das wünscht. Man wird schnell ungeduldig und eventuell auch mal ein wenig sauer. Bei den anderen Pferden hat es doch geklappt, wenn ich diese bestimmte Übung gemacht habe, wieso akzeptiert mein Pferd das Bein nicht, springt den Wechsel nicht? Bleibt am Sprung stehen? Geht an dem Trecker nicht vorbei? Es ist egal, um welche Situation es sich dabei handelt, denn das Gefühlt, was es einem gibt, ist immer dasselbe: Frustration!!!

Nun hast du zwei Möglichkeiten:

  1. Du steigerst dich in die Situation hinein, wirst sauer und gibst dem Pferd die Schuld.
  2. Du suchst den Fehler bei dir und versuchst die Situation so stressfrei wie möglich zu lösen, damit dein Pferd dir noch mehr vertraut und die Situation beim nächsten Versuch ein Stückchen besser wird.

Und? Wo findest du dich hier wieder?

Meine Erfahrungen

Ehrlich gesagt war ich oft der Typ 1, der auch mal die Gerte genommen hat und böse wurde. Ich bereue das heute sehr, denn es war nicht fair. Warum ist das Pferd denn immer stehen geblieben im Parcours? Ganz einfach, es hatte zu wenig Vertrauen zu mir. Und wenn ich dann auch noch bei Fehlern böse werde, bringt es mir für die künftigen Sprünge auch nichts. Natürlich habe ich das damals ganz oft nicht eingesehen.

Als ich Raketchen bekommen habe, musste ich meine Sichtweise zum reiten komplett überdenken. Denn es hat nichts funktioniert, was ich jemals über das Reiten gelernt habe.

Warum sollte ich ein Pferd strafen, was nur wild im Kreis rennt? Was aufgedreht ist und sowieso schon Stress ohne Ende hat? Was mich beim führen schon umrennt? Das Pferd ist zwar irre, aber es ist nun mal so. Dafür kann ich sie doch nicht strafen? Das würde sie doch überhaupt nicht verstehen und Vertrauen baue ich so auch nicht auf. Also musste ich umdenken: Mit der Zeit entwickelte ich mich in Richtung Typ 2. Warum? Ich hatte einfach keine andere Wahl.

Jede kleine Änderung in ihrem Ablauf war eine reinste Katastrophe. Man musste also alles entschleunigen und super flexibel agieren. Was meine ich damit? Du möchtest heute Trabstangen reiten, freust dich auch drauf. Ist ja auch eine tolle Übung. Dann kommst du in die Halle und das Pony ist so durch den Wind, dass du es nicht mal schaffst in normalen Zweitakt zu traben. Dein Pferd trabt wie eine Dampfwalze. Also wird der Plan Trabstangen über Bord geworfen und man übt ruhiges Traben.

Einen Gang zurückschalten

Ich finde es nicht wichtig, dass Raketchen unbedingt an dem Tag über Trabstangen läuft. Ich finde es wichtig, dass sie die Ruhe findet, entspannt ein paar Runden zu traben. Die Trabstangen sind jetzt egal, wichtig ist, dass sie diese eine Aufgabe nun mit mir gemeinsam in Ruhe löst. Ist sie eine Runde ruhig getrabt? Super gut!!!! Das Training war ein voller Erfolg. Ich habe meine Erwartungen heruntergeschraubt und mich dem Pferd angepasst. Und es hat für einen kleinen winzigen Moment geklappt.

Viele werden jetzt sicher denken: das kann doch nicht das Ziel sein? Ich sage ganz klar: DOCH!!!

Man muss in JEDER Situation das beste Stückchen herausziehen und sich daran erfreuen. Das Pferd muss die Hilfen des Reiters verstehen und der Reiter muss sich der Lerngeschwindigkeit und dem Charakter des Pferdes anpassen. Nicht andersherum. Das haben viele Reiter leider noch nicht verstanden.

Wie bekomme ich ein positives Mindset dem Pferd gegenüber?

Der Reiter sollte in jeder einzelnen Situation den positivsten Moment herausnehmen und diesen bewusst wahrnehmen. Leider sehe ich oft frustrierte Reiter, die sauer werden, weil das Pferd noch nicht so läuft, wie es andere Pferde in dem Alter machen.

Das kann ja sein, aber vielleicht hast du dein Pferd nicht optimal unterstützt in der gewünschten Aufgabe? Vielleicht braucht es Zeit, um die Dinge zu verstehen? Vielleicht wächst es grad, vielleicht ist es heute mal unkonzentriert…. Ja und? Aber was war an deiner heutigen Reiteinheit gut? Was hat dein Pferd gut gemacht? Was hast du gut gemacht und welches Problem habt ihr gemeinsam gut lösen können?

Es benötigt Zeit und viel Selbstdisziplin immer nur das Positive zu sehen. Das schaffe ich auch nicht immer. Aber dafür immer öfter und ich werde weiterhin daran arbeiten. Es ist ein Lernprozess immer positiv zu bleiben und es ist auch eine Lebenseinstellung, die sich auf viele Bereiche übertragen lässt. Ich finde, es ist eine sehr schöne Eigenschaft.

Denn so macht es noch mehr Spaß und man kann sich immer wieder bewusst machen, dass man sich als Reiter stets weiterentwickeln muss, um dem Pferd den Weg noch ein Stückchen besser zu zeigen und es besser zu unterstützen.

Ich fände es schön, wenn mehr Reiter die positiven Dinge am Reitsport bewusster wahrnehmen können und sich daran erfreuen. Es macht einfach so viel mehr Spaß 🙂

Janina
autor
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One comment on “Positives Mindset im Reitsport - TEIL I: Gelassen bleiben”

  1. Früher war es immer so dass ich total unzufrieden war, aber durch meine neue Trainerin hat sich das total geändert. Sie sieht IMMER etwas positives und kann das super vermitteln