10. Februar 2021

Ist der Erfolg an viele Platzierungen gebunden?

Ich bin der Meinung, dass dies auf viele Sportarten, vor allem auf die Reiterei, zutrifft. Der Erfolg wird an den Siegen und an den Platzierungen gemessen. Wenn man ein neues Pferd sucht, dann recherchiert man erstmal online die ganzen Platzierungen. Heutzutage ist ja auch alles online zugänglich.

"der ist schon M platziert und S gegangen"

liest man täglich in Verkaufsanzeigen. Natürlich ist das wichtig. Für viele Reiter ist das aber das Nonplusultra.

Was heißt erfolgreich? Und was ist die Geschichte zu den jeweiligen Erfolgen?

Wenn man nun ein neues Pferd reitet, das schon sehr weit ausgebildet ist und man damit nun L Springen reiten kann, obwohl man vorher nur E und A geritten ist, ist das dann erfolgreich? Naja, wenn man in einer Saison viele Platzierungen in der höheren Klasse erlangen konnte, dann ist das sportlich gesehen sicherlich erfolgreich, aber was hat man selber dem Pferd beigebracht? Was hat man zusammen erreicht, neben den sportlichen Erfolgen? Bei vielen Reitern ist da leider nicht viel, was man benennen könnte. Oft sind diese Erfolge auch zeitlich begrenzt. Ist man als Reiter noch eher unerfahren, kann es aber durchaus sinnvoll sein, sich ein älteres, erfahrenes Pferd zu kaufen. Man sollte dann meiner Meinung nach die Erfolge nur anders einordnen. Denn dann ist es vielleicht ein persönlicher Erfolg für den noch unerfahrenen Reiter, aber nicht unbedingt für das bereits erfahrene Pferd.

Wenn man aber nun ein Pferd reitet, welches noch eher unerfahren und jung ist, wahrscheinlich auch noch sehr viel Arbeit benötigt, dann ist es für mich persönlich ein Erfolg, wenn auf dem Turnier der Parcours beendet werden kann und man immer einen kleinen Lernzuwachs sieht. Auf den nächsten Turnieren ist die Rittigkeit vielleicht schon etwas mehr gegeben und man kann vielleicht eine entspanntere Distanz zum Sprung reiten, ohne dass das Pferd sich stark macht. Das Pferd hat weniger Stress und wird jedes Mal ein Stück entspannter und entwickelt bestenfalls noch Spaß dabei. Sowas ist für mich ein Erfolg. Der Weg ist das Ziel. Nicht die goldene Schleife. Das ist immer nur eine Momentaufnahme. Und Stilspringen sind ja eh ziemlich subjektiv. Das ist aber ein anderes Thema.

Was Erfolg für mich bedeutet

Als ich noch kleiner war, gab es immer schon diese Kinder mit "reichen" Eltern, die 2-3 Ponys in einer Prüfung ritten. Ich habe dann zu meiner Mama gesagt, dass ich auch ein zweites Pony brauche, damit ich erfolgreicher werde. Natürlich hatten wir dazu gar nicht das Geld, meine Mama war alleinerziehend. Dass ich überhaupt reiten konnte und ein Pony besaß war sehr großer Luxus. Meine Mama hat damals zu mir gesagt, dass es egal ist wie viele Pferde die anderen haben. Wichtig sei, dass ich gut reite, immer mein Beste gebe und mein Pony gut behandele.

"Du kannst stolz auf das sein, was du erreicht hast, denn das hast du ganz allein geschafft"

Raketchens erste L-Platzierung in einem Stil Springen im Sommer 2020
Raketchens erste L-Platzierung im Sommer 2020

Dies begleitet mich seitdem in meiner täglichen Arbeit mit den Pferden.

Raketchens Weg zum Erfolg

Raketchen ist 2019 des Öfteren nicht fehlerfrei durch ein A* Springen gekommen. Wir haben viel geübt, sind oft zu Turnieren gefahren. Oft habe ich Fehler kassiert, sei es Springfehler, Zeitfehler oder Raketchen hat sich mal wieder danebenbenommen, weil sie blockiert, losgestürmt oder gebockt hat. Ich habe mein Pferd immer gelobt, auch wenn ich einen Parcours mit 16 Strafpunkten verlassen habe, sie aber 3 Sprünge gut gemacht hat. Viele haben mich sicherlich für bescheuert gehalten.

"Die war doch voll schlecht, wieso ist sie so glücklich?"

Für mich war das aber nicht wichtig. Klar, wollte ich auch mal eine Platzierung haben, aber ich hatte schon 4 Jahre Arbeit in das Pferd gesteckt, da kommt es auf ein paar weitere Monate auch nicht mehr an. In 2020 begann sie dann ruhiger in den Parcouren zu werden, man konnte es schon fast reiten nennen.

In 2020 war es mein Plan, mich im L Bereich zu festigen und vielleicht mal ein Youngster M zu reiten. Das war immer mein persönlicher Traum. Mit meinem selbst ausgebildeten Pferd ein M Springen zu reiten (ich sage hier bewusst nicht erfolgreich). Mit Raketchen kann man aber nie planen, deswegen hatte ich eigentlich keine sehr großen Erwartungen. Die ersten Springen waren im Hinblick auf die Fehlerzahl auch eher durchwachsen, jedoch wurde die Rittigkeit immer besser. Ich war sehr happy und habe mein Pferd immer sehr stark gelobt. Von Turnier zu Turnier bekamen wir mehr Sicherheit und wir wagten es eine Klasse höher zu starten. Seitdem sind wir 5-mal in der Klasse M gestartet und im Oktober 2020 haben wir in einem Youngster M gegen Profis den vierten Platz belegt.

Ist das denn nun erfolgreich?

Für mich ist das der aller größte Erfolg überhaupt. Ich konnte meinen Traum wahr werden lassen. Wir haben so viele Niederlagen einstecken müssen, trotzdem habe ich nie aufgegeben. Auch wenn ich des Öfteren kurz davor war, ein kleiner Funke Hoffnung ist doch immer geblieben. Wir hatten so viele tolle Momente in dieser Saison in denen mich das Raketchen positiv überrascht hat, auch ohne Platzierungen. Wichtig ist, dass wir einen harten Weg hinter uns haben und wir ein Ziel hatten, das wir erreicht haben. Nur für uns, für niemanden sonst.

Mein Fazit

Ziele und Erfolg sind für jeden anders definiert. Für den Einen ist es jede Woche eine Platzierung zu erreiten. Für die Anderen bedeutet es, wenn das Pferd schön springt, gesund ist, Spaß hat und man den Entwicklungsprozess sehen kann. Man sollte nie den Spaß am Reiten verlieren und sich auch über die kleinen Entwicklungen freuen. Dann ist die Platzierung nämlich egal. Denn es heißt ja sowieso:

"Neue Woche, neues Glück"

Ich freue mich, wenn das Raketchen Spaß am Springen hat und das muss sie mir auch nicht jede Woche auf jedem Heckenfest beweisen. Mein Pferd ist ein Partner, den ich langfristig an meiner Seite haben möchte.

Erfolg sind die kleinen Etappenziele auf dem Weg zu einer pferdegerechten Ausbildung. Nicht die 50 Schleifen, die man in einem Jahr abgegrast hat.

Ich würde mir wünschen, dass ich auf den Turnieren wieder mehr Reiter sehen könnte, die ihr Pferd nach dem Parcours glücklich loben und sich freuen, auch wenn man mal einen Fehler gehabt hat. Jedes Paar hat seine Geschichte und es geht nicht immer nur um die nächste Schleife.

Janina
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