12. Februar 2021

Gerte und Sporen - ein Must-Have für feines Reiten?

Wie sieht es denn bei euch aus? Der Schrank ist voll mit verschiedenen Arten von Sporen: kurze Sporen, lange Sporen, Rädchensporen, Hammersporen, es gibt so viele Variationen. Kann man ja immer gebrauchen irgendwann, oder?

Und wie ist es mit der Gerte? Wie viele habt ihr? Eine Dressurgerte, eine Springgerte und eine Longierpeitsche? Oder vielleicht sogar verschiedene Ausführungen davon?

Jetzt mal eine andere Frage: Braucht ihr diese Dinge in der täglichen Arbeit mit eurem Pferd? Wenn ja, warum?

Ich sehe immer wieder Reiter, die sich immer die Sporen umschnallen bevor sie aufsteigen, ganz egal welches Pferd geritten wird. Es gehört dazu, wie die Reitkappe und die Stiefel. Aber ist das tatsächlich so? Ist es ein Must-Have?

Ehrlich gesagt war ich früher auch ein Reiter, bei dem Sporen an der Tagesordnung waren. Die Gerte meistens auch, man weiß ja nie. Die Sporen gehörten einfach dazu, hat man ja schließlich immer so gemacht und die Anderen machen es ja auch. Eventuell sieht es auch cooler aus.

Meine Erfahrungen mit Sporen und Gerte - auf die harte Tour

2010 war ich an einem Reitstall in Kalifornien in den USA. Dort wollte ich mich reiterlich weiterentwickeln und die freie Zeit vor Beginn des Studiums überbrücken. Zuerst bekam ich ein eher schwieriges, stures Pferd. Ich bekam weder Sporen noch Gerte, da fühlte man sich ja schon irgendwie hilflos und komisch. Dämlich, oder? Meine damalige Chefin hat mich ausgelacht, weil ich es nicht geschafft habe, das Pferd in den Trab zu bekommen. Erster Tag und volle Blamage.

"Sag mal, hast du nie gelernt die Schenkel- und Gewichtshilfe richtig einzusetzen? Was lernt ihr in Deutschland denn heutzutage?" <-- das hatte gesessen!

Ich musste in meinen 6 Monaten dort alle Pferde ohne Sporen und meist auch ohne Gerte reiten. Einmal musste ich sogar eine L Dressur ohne Sporen reiten. Und das als Springreiter 🙂 .

Was hat mich das Reiten ohne Gerte und Sporen gelehrt?

Ich brauche keine Sporen, Sporen muss man sich erst einmal verdienen. Spüre die Bewegungen des Pferdes und unterstütze es durch dein schwingendes, lockeres Bein. Kein Quetschen oder Pressen. Benutze die Gerte ausschließlich als Ermunterung, niemals als Strafe. leichtes "Antickern" haben wir es genannt.

"Pferde sind so sensibel, dass sie kleine Fliegen auf der Haut spüren. Deine Gerte muss das Pferd wie eine Fliege kitzeln. Ebenso auch die Sporen. Es ist immer nur eine Anregung. Reagiert das Pferd nicht, dann ist es abgestumpft. Wiederhole den Einsatz der Gerte oder des Sporens, bis eine Reaktion kommt. Wenn beim dritten Mal keine Reaktion kommt, sei etwas intensiver im Einsatz. Kommt eine Reaktion, direkt loben und es so verstärken. Nur so kann dein Pferd wieder sensibler auf die Gerte oder auch die Sporen werden".

Gerte und Sporen - Mein Tipp dazu!

Solltest du nicht auf Sporen oder Gerte verzichten können, versuche doch mal ab und zu einen sporen- oder gertenfreien Tag einzubauen und fühle, wie dein Pferd auf deine Hilfen reagiert. Dein Pferd zeigt dir so viel in der täglichen Arbeit, wir müssen nur hinsehen und in das Pferd hineinhorchen.

Meine heutige Sichtweise zu Sporen und Gerte

Als ich wieder nach Deutschland gekommen bin, hatte sich meine Einstellung zum Einsatz von Sporen und Gerte geändert. Dies ist auch heute noch so. Wenn ich ein fremdes Pferd reite, steige ich ohne Sporen und Gerte auf. Man kann die Gerte ja immer mal schnell dazunehmen. Mit dieser Art auf neue Pferde zuzugehen, habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe es geschafft, ein ziemlich starkes und eher mäßig dressurmäßig gerittenes Pferd bis M* Springen vorzustellen, dabei habe ich weder Sporen noch Gerte benötigt. Und darauf bin ich auch echt stolz.

Und was hält Raketchen davon?

Raketchen reite ich übrigens immer ohne Sporen und auch ohne Gerte, außer beim Springen. Ich bin einige Trainings und Turniere geritten, wo es zu Situationen kam, in denen Raketchen unsicher wurde und am Sprung gezögert hat. Ich habe sie leider noch nicht immer 100 % am Bein, sodass sie dann stehen bleibt oder auch nur langsamer wurde und den Sprung ziemlich krüppelig überwunden hat. Dann kam ich mit meinem Bein nicht durch, was bei höheren Sprüngen allerdings nicht so ganz ungefährlich sein kann. Damals habe ich eine kleine Gerte und kleine Sporen hinzugenommen und probiert. Man siehe da, das Raketchen bekommt in unsicheren Situationen einen kleinen Impuls und sie zögert nicht mehr und springt selbstbewusster. Vielleicht kann ich die Sporen irgendwann wieder weglassen. Das fände ich toll.

Mein Fazit

Der Einsatz von Sporen und Gerte kann also als Unterstützung hilfreich sein und bestimmte Situationen vereinfachen. Ich bin allerdings der Meinung, dass man darauf verzichten sollte und sein Pferd so fein reiten sollte, wie es eben für einen selber möglich ist. Dabei kann der ein oder andere sporen- / gertenfreie Tag schon viel bringen.

Probiert es doch mal aus.

Janina
autor
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